Wichtigste Grundbildung: Lesen und Schreiben können
09. September 2014, hjr

Erwin Kollhorst arbeitet als landwirtschaftlicher Helfer auf dem Hof von Conrad und Antje Klützke in Tating-Ehst. Er weiß, was es bedeutet, nicht lesen und schreiben zu können. Seine Lebensgeschichte weist Brüche auf, die verhindert haben, dass ihm diese Grundbildung zuteil geworden ist. Monika Hoffman, Leiterin der VHS in St. Peter-Ording, unterweist ihn seit einigen Jahren. Dafür ist er sehr dankbar, ermöglicht ihm das doch Teilhabe an vielen Dingen. „Sie hat mir Mut gemacht. Das war für mich ganz wichtig.“ Eine Nachbarin hatte ihn auf dieses Angebot der Volkshochschule aufmerksam gemacht. Einmal pro Woche trifft er sich mit Monika Hoffmann. Er kann einfache Sätze und Wörter lesen oder entziffern und auch etwas schreiben. Die wöchentlichen Lese- und Schreibabende sind für ihn bedeutsam. Gäbe es diese nicht, würde er sonst alles ganz schnell wieder verlernen.

Auf Plattdeutsch würde man Erwin Kollhorst als „plietsch“ einstufen. Er kann eben nur nicht so ganz richtig und schnell lesen und schreiben. Für ihn hat aber einen großen Wert, das auch nur schon ein wenig zu können. So war er es, der den Anstoß dazu gegeben hat, in St. Peter-Ording zum Weltalphabetisierungstag am 8. September etwas zu machen. Monika Hoffmann hat sich daraufhin mit Jochen Dasecke von der VHS Husum kurz geschlossen. Er ist seitens der Volkshochschulen im Kreis Nordfriesland der Fachbereichsleiter für „Grundbildung und Alphabetisierung“ und leitet das Projekt „Alphabetisierung deutschsprachiger Erwachsener“. Es wird durch das Land Schleswig-Holstein und den Europäischen Sozial Fonds gefördert.

Mit dem Plakat „AllerAnfang ist schwer – Erwachsene lernen lesen und schreiben. Alphabetisierung in Schleswig-Holstein“ hatte man für den Kreis Nordfriesland in St. Peter-Ording beim Backhaus der „Historischen Insel“ für zwei Stunden am Nachmittag zur Information und zum Mitmachen eingeladen. Dort erfuhren die etwa 30 Interessierten, dass es in Deutschland 7,5 Millionen Erwachsene gibt, die nicht ausreichend lesen und schreiben können, geschweige in der Lage sind, Formulare, Texte in Zeitungen oder gar im Internet zu lesen. Das ist heute eine unbedingte Voraussetzung im Berufsleben.

Wie es einem Analphabeten ergeht, erlebten die Besucher in der an sie gestellten Aufgabe, den folgenden mit 52 Hieroglyphen statt Buchstaben geschriebenen Text zu entschlüsseln: „Sei gegrüßt Fremder, wenn du dieses entziffert hast, weißt du, wie schwer einem das Lesen fallen kann.“ Nur die Hieroglyphen für die Anlaute eines jeden Wortes konnte man einer Tabelle entnehmen, z.B. das „F“ in „Fremder“. Die Zeiten für die Entzifferung lagen zwischen sechs bis zehn Minuten. Als Anregung gab es außerdem „Russisch Brot“ und „Buchstabensuppe“. So kam man miteinander beim Essen ins Gespräch.

Anliegen von Jochen Dasecke und Monika Hoffmann war es, über das Angebot „Alphabetisierung und Grundbildung“ der Volkshochschulen zu informieren. Beide sahen in diesem Aktionstag eine Möglichkeit, Multiplikatoren zu gewinnen, die Betroffene auf das Angebot, auch als Erwachsene noch lesen und schreiben zu lernen, aufmerksam machen. Außer an der VHS in St. Peter-Ording gibt es in Husum, Niebüll und Leck die Möglichkeit, sich beraten zu lassen und wohnortnah an „Alphabetisierungskursen“ teilzunehmen. Erwin Kollhorst selbst warb dafür und freute sich besonders darüber, dass diese Aktion so viele Besucher angelockt hatte. Manche hatte er selbst angesprochen und aufgefordert, sich über die Bedeutung der Alphabetisierung zu informieren.

Information und Beratung durch Jochen Dasecke unter Telefon VHS 04841/835960